Schlafen statt stressen
Erfahre hier wie, wo und wann Babys und Kleinkinder sicher und bedürfnisorientiert schlafen. Mit diesem Wissen kannst du dein Kind achtsam beim Einschlafen unterstützen und ihm/ihr den Weg zum Durchschlafen bahnen.
Foto: Jasmin Piteira
Schlafen. Aber: Wie, wo und wann?
Es könnte doch alles ganz einfach sein. Das Neugeborene ist müde, signalisiert uns Eltern dies, wir verstehen das Signal, nehmen das Baby auf den Arm oder legen es in sein Bettchen und dann schläft es friedlich ein. Ja, manchmal ist es so - ganz einfach. Aber immer wieder gibt es in diesem Prozess Störfaktoren, weil wir (und auch das Baby) Menschen sind, die unterschiedliche Persönlichkeiten und somit unterschiedliche Bedürfnisse haben. Wir sprechen nicht immer die selbe Sprache und haben manchmal unterschiedliche Erwartungen aneinander. So ist es doch nachvollziehbar, dass es auch beim Thema Schlaf zu Missverständnissen kommen kann. Was hilft aber bei Missverständnissen? Auf jeden Fall hilft es zunächst, wenn man einander besser versteht. Und dabei möchte ich euch im Folgenden unterstützen
Wie und wann Babys und Kleinkinder schlafen
Neugeborene kommen ohne festen Tag-Nacht-Rhythmus zur Welt. Sie schlafen rund 14-20 (im Schnitt ca. 16h) Stunden über den kompletten Tag verteilt. In der Schlafdauer gibt es große individuelle Unterschiede. Der Tag-Nacht-Rhythmus entwickelt sich dann im Laufe der ersten zwei Lebensjahre, wobei erste, regelmäßigere Muster bereits nach sechs Wochen erkennbar sind.
Wir Menschen schlafen in Zyklen mit unterschiedlichen Schlafstadien. Ein Zyklus dauert bei uns Erwachsenen 90-120 Minuten. Danach wachen wir kurz auf und schlafen dann weiter, meist ohne zu merken, dass wir wach sind. Am nächsten Morgen erinnern wir uns auch nicht mehr daran, dass wir mehrmals wach waren.
Bei Säuglingen sind diese Zyklen kürzer - im Schnitt um die 50 Minuten. Auch Babys wachen nach einem Zyklus kurz auf - manche schaffen es weiterzuschlafen - andere brauchen dafür unsere Hilfe. So kommt es, dass einige Babys mit 2-3 Monaten durchschlafen und andere wiederum erst mit 2-3 Jahren. Das Durchschlafen ist daher ein Reifungsprozess, welcher eng mit der sogenannten Fähigkeit zur Selbstberuhigung zusammenhängt. Diese entsteht aus dem Zusammenspiel Biologie + Eltern + Umwelt. Manche können es also einfach - andere werden es lernen. Wir Eltern können das Lernen positiv unterstützen (dazu später mehr).
Wie bei uns Erwachsenen gibt es bei Babys und Kleinkindern unterschiedliche Schlaftypen: Eulen, Lärchen und die Ausgeglichenen.
Die Ausgeglichenen-Schlaftypen sind sehr selten. Für sie hat der Tag tatsächlich 24h, wodurch sie jeden Tag zur gleichen Zeit müde werden und morgens zur gleichen Zeit aufwachen (weder sehr früh, noch sehr spät). Haben Sie ein solches Exemplar? Dann freuen Sie sich innerlich und reiben es uns anderen Eltern bitte nicht unter die Nase ;-)
Für die Eulen hat der Tag mehr als 24h. Daher würden sie am liebsten abends lange wach bleiben und morgens in den Tag hinein schlafen. Diese Kinder um 18 Uhr ins Bett bringen zu wollen, ist gegen ihre "Natur" und wird in den meisten Fällen nur unter Protest gelingen und/oder damit enden, dass sie morgens um 4 ausgeschlafen sind.
Die Lärchen dagegen nehmen den Tag kürzer wahr als er ist (<24h). Sie werden abends früher müde und wachen morgens zur einer Zeit auf, zu der wir gerne noch schlafen würden. Es sei denn wir sind auch Lärchen.
Wie schon angedeutet, lohnt es sich nicht gegen diesen sog. zirkadianen Rhythmus zu arbeiten, denn dieser lässt sich nicht umstellen - er ist genetisch verankert. Man kann ihn aber für sich nutzen und das Baby darin unterstützen zu seiner individuell richtigen Zeit zu schlafen!
Eine häufig aufkommende Frage ist, wie viel Schlaf Babys und Kleinkinder brauchen und wie oft am Tag geschlafen werden soll. Eine pauschale Antwort darauf ist - Das müssen die Eltern selbst heraus finden, in dem sie ihr Kind beobachten. Ist es aktiv, aufmerksam, gut drauf? Dann ist es noch nicht müde. Ist es quengelig, wendet den Blick ab, weint, fällt häufiger hin als sonst ist es womöglich müde. Jedes Kind ist anders und so lange ihr als Familie mit der Qualität eures Schlafes zufrieden seid, gibt es auch keinen Anlass einzugreifen. Anders ist es, wenn ihr das Gefühl habt, dass etwas aus dem Ruder läuft. Übersichtshalber findet ihr unten auf dieser Seite eine Tabelle, welche euch einen groben Überblick über die Schlafdauer von Babys und Kleinkindern geben kann.
Tipp für Babys 0-3 Monate: Um ein sanftes und friedliches Einschlafen zu ermöglichen, solltet ihr euer Baby anfangs gut beobachten und erkennen wann es in den sogenannten Zustand der "Schläfrigkeit" kommt. Dabei öffnet und schließt das Baby die Augen, hat keine klare Blickrichtung, die Atmung ist flach. An dieser Stelle wird es euch besonders leicht gelingen das Baby zum Schlafen zu bewegen oder es schläft sogar von selbst ein, wenn ihr ihm die nötige Ruhe und Atmosphäre schafft. Das Problem daran: diese Phasen sind kurz und machen nur 4% des Tages aus. Danach schließt sich das Schlaf-Fenster und öffnet sich erst nach einem Zyklus wieder. Es folgt womöglich der quengelige Zustand oder gar das Schreien.
was Babys und Kleinkinder zum Schlafen brauchen
Guter Schlaf ist eng an die Erfüllung emotionaler und physischer Bedürfnisse gebunden. Babys müssen satt und schmerzfrei sein, die Blase sollte nicht drücken. Sicherheit und Vertrauen sind zudem wichtig, damit sie loslassen können. Letzteres ist unter anderem ihre Brücke in den Schlaf.
Achtung: Neugeborene brauchen rund um die Uhr Nahrung und können sich auf Dauer nicht selbst beruhigen, sie Schreien zu lassen ist sinnlos und zudem schädlich! Stillen/ Nahrung auf Verlangen entspricht am ehesten ihrem Bedürfnis.
Als Faustregel gilt: der Tag stellt die Nacht ein. Wer nachts gut schlafen soll, muss tagsüber von Allem genug bekommen. Genug essen und trinken, frische Luft, Tageslicht (auch für Säuglinge) und Bewegung. Auch ausreichend Körperkontakt und (emotionale) Aufmerksamkeit sind essentiell. Hilfreich ist ein gleichbleibender Tagesrhytmus. Nicht alle Kinder brauchen das, aber vielen erleichtert es den Alltag, weil durch die Regelmäßigkeit eine Erwartungshaltung entsteht: "Wenn wir zu Abend gegessen haben, gehen wir nach oben und waschen uns, danach spielt Mama noch mit mir und dann ist Zeit für Vorlesen und Schlafen". Das Kind fährt dann automatisch runter und bereitet sich auf den Schlaf vor. Solche Alltagsrituale/ Einschlafrituale können von Beginn an eingeführt werden und erleichtern Säuglingen das Erlernen des Tag-Nacht-Rhythmus (wenn viele Geräusche sind und gesprochen wird ist es Tag, wenn es dunkel und still ist wird geschlafen usw.).
Alles was es am Abend nicht braucht ist: Aufregung. Weder offensichtlich noch versteckt. Babys sind Experten wenn es um eure Mimik und Gestik geht, sie riechen wenn ihr Stress habt und hören es an eurer Stimme.
Wenn ihr also euer Einschlafritual durchgeführt habt und alle entspannt sind, das Baby/Kind satt und offensichtlich müde ist, könnt ihr es (je nach Alter) auf dem Arm halten, ins Elternbett oder das Gitterbett (Beistellbett) legen. Das ist eine Frage des Wohlfühlens und des Erziehungsstils. Im Idealfall: Das Kind schläft ein.
Viele werden an dieser Stelle protestieren: "das klappt bei uns nicht". Ja stimmt, bei mir war das auch nicht so leicht. Babys/ Kinder sind eben unterschiedlich.
Wenn euer Baby euch signalisiert, dass es sich nicht wohlfühlt einzuschlafen, geht bitte nicht weg, sondern bleibt dabei. Legt oder setzt euch entspannt dazu, aber quatscht es nicht voll, singt nicht noch 5 Lieder, sondern seid einfach da. Was auch nicht hilfreich ist - das Baby in den Schlaf starren! Oder könnt ihr euch entspannen und einschlafen wenn jemand aus einer Entfernung von 30cm auf euch starrt und sich innerlich sagt "bitte schlaf, bitte schlaf, ich muss noch Wäsche waschen und aufräumen und dein Bruder wartet unten auch, schlaf doch bitte...".
Auch gegen Einschlafstillen und/ oder im Arm halten/ Tragen ist bei Säuglingen/ Kleinkindern nichts einzuwenden. So lange alle zufrieden sind und sich damit wohlfühlen ist quasi alles erlaubt, was dem Baby/Kind nicht schadet. Natürlich sollte euch bewusst sein, dass ein Baby, welches sechs Monate alt ist und zum Einschlafen das Gehen von Treppenstufen braucht, während ihr etwas vorsingt, irgendwann auch schwerer wird. An dieser Stelle könnte man sich überlegen dem Baby andere/ verschiedene Einschlafbrücken anzubieten (siehe Finde den Fehler ab dem 3.12).
Manchen Babys/ Kleinkindern, die besonders temperamentvoll sind, fällt es aber dennoch schwer in den Schlaf zu finden, obwohl Mama und Papa nach allen Regeln der Kunst bemüht, liebevoll und bedürfnisorientiert handeln. Hier bleibt nur Ruhe bewahren. Ihr könnt nicht mehr tun, als für euer Kind da zu sein - körperlich und emotional. Manche verarbeiten durch das Weinen den Tag, manche bauen Stress ab, manche haben eventuell Bauchschmerzen? und anderen fällt es einfach schwer loszulassen, weil das Einschlafen eine Trennung von den Eltern bedeutet. Vielleicht ist aber auch das Schlaffenster verpasst - dann ergibt sich erst in ca. 1h wieder die Möglichkeit es noch mal zu versuchen. Es gibt viele Ursachen und ich werde einige unter "Finde den Fehler genauer erklären.
An dieser Stelle sollt ihr nur mitnehmen, nicht in Panik/ Stress zu verfallen - Tränen sind nicht automatisch etwas schlechtes. Und nein es ist kein "Schrein-lassen", wenn ihr neben eurem Baby liegt, es im Arm haltet und es eine Zeit lang weint. "Schrein-lassen" ist, wenn ihr weggeht und es alleine lasst mit dem Ziel, dass es eine "Lektion" lernen soll. Bitte nicht verwechseln.
Tipp: Babys/ Kleinkinder, die nachts zwischen Schlafzyklen wechseln und dabei aufwachen, brauchen zum wieder Einschlafen meist die gleichen Brücken wie am Abend zum erstmaligen Einschlafen. Baut also möglichst nur solche Brücken, die ihr auch nachts mit möglichst geringem Aufwand (mehrfach) anbieten könnt. Daher ist z.B. Autofahren zum Einschlafen, keine dauerhafte Lösung - zumindest ist sie eine sehr aufwändige.
Checkliste
Warum Babys während des Schlafens aufwachen
Temperatur falsch
zu warm/ zu kalt
Hunger/ Durst
Schmerzen
Zähne/ Krankheit